Meditation

Sicher haben Sie wie praktisch jeder bereits eine Ahnung und gewisse Vorstellung davon, auch wenn Sie selbst nicht üben, was „Meditation“ sein könnte. Das Wort ist wie auch z. B. „Liebe“ oder „Yoga“ im Westen derart überstrapaziert und vielschichtig verwendet, dass heillose Verwirrung herrscht, worum es dabei wirklich geht. So klar wie man primär denkt, ist die Sache nämlich keineswegs.
Nicht umsonst warne ich in einem meiner erfolgreichsten Booklets „Meditiere nicht!“ davor, weil „Meditation“ durchaus ein Hindernis auf der Suche und dem Weg zu geistiger Freiheit seine kann! Warum?

Manche sagen, Malen, Sport oder Musik sei ihre Meditation. Dabei könnten sie den Alltag vergessen und ganz in der Tätigkeit aufgehen. Das ist sicherlich richtig und wertvoll, aber keine Meditation, wenn man als kompetente Referenz z. B. den klassischen Yogaweg nach Patanjali betrachtet, bei dem die Meditation als Stufe 7 von 8 genannt wird. Sie folgt auf die Konzentration (auf eine Tätigkeit oder einen Gedanken, oder ein Mantra, Stufe 6), wo wir also o. g. eher einordnen müssten. Nach Patanjali ist die Meditation (Dhyana) ein Zustand des Loslassens von allem Denken. Und wenn dieser lange genug anhält, dann kann das Samadhi (Stufe 8) folgen, bei dem man sich mit allem glückselig eins erfährt.

Meditation: Nur-Sitzen

Ähnlich verhält es sich mit der Königsdisziplin im Zen, dem Zazen, wo absichtsloses „Nur-Sitzen“ praktiziert wird, ohne vorherige Konzentration oder andere Hilfsübungen (für Anfänger manchmal schon).
Man sitzt einfach als Lebensausdruck des aktuellen Hier und Jetzt und erfährt sein pures Dasein in diesem Moment, ohne Gedanken abzulehnen oder zu fördern. Diese ziellose Übung überfordert Westler anfangs (auch jahrelang) oft, weil der Geist immer nach etwas zum Festhalten oder zum Tun sucht. Dabei übt man lediglich eine Grundhaltung der Wachheit bei bewegungslosem Körper, was für uns sehr ungewohnt ist. Denn wir sind meist nur wach und konzentriert, wenn wir wie o.g. etwas tun, während wir in körperlicher Ruhehaltung sehr schnell (oft binnen Sekunden) in träge Träumerei versinken. Und genau dies nennt man dann auch „totes Zazen“, weil Träumen mit der Wachheit konkurriert, diese also verhindert. So üben 99 % im Zazen eher ein Mittagsschläfchen im Sitzen, als wirklich wie ein Tiger vor dem Sprung Wachheit zu erleben. Diese Übung ist deshalb lebenslang immer wieder eine Herausforderung und doch so einfach, wenn man sie einfach zulässt.

Im Zazen erfährt man mit der Zeit dann Phasen, wie o.g. beim Yogaweg, wo man sich mit der Welt völlig eins fühlt und jegliches unterscheidendes Denken abwesend ist, das Satori oder umfassender das Nirwana. Dennoch darf dies nicht als absichtliches Ziel gewollt werden, sonst entzieht es sich dem Übenden, ähnlich wie demjenigen, der unbedingt einschlafen möchte und so keinen Schlaf finden kann.
Im Buddhismus sind auch sog. Einsichtsmeditationen (Vispassana) üblich, in denen man sich der eigenen Vergänglichkeit oder menschlicher Schwächen bewusst wird.

Im Flow

Üblicherweise verstehen die meisten unter „Meditation“ aber eher zahllose Übungen, die trickreiche Methoden aufweisen (z. B. Transzendentale Meditation mit stundenlangem Mantra-Singen, Atemübungen, Klangschalen, Chakren u.v.m.) oder mit der Absicht unternommen werden, irgendeine Lebenssituation zu verbessern. Letzteres kennen wir vom christlichen Gebet, wo ja auch meist um etwas für sich selbst gebeten wird. Dazu zählen auch alle geführten „Meditationen“ wie Traumreisen mit Sprecher oder Audio-CD).
Alle diese Methoden nennt man „äußere Meditation“ oder mentale Übungen und haben durchaus ihre Berechtigung, weil man sich mal Zeit und Ruhe für eine spirituelle Übung an sich nimmt und den Geist in Sachen Entspannung oder Konzentration trainiert (z. B. In meinem Buch „Moderne Meditationen“). Ein guter Einstieg für alle, die einen Anfang suchen.
Aber auf dem großen Weg zu geistiger Freiheit oder gar zu so etwas wie Erleuchtung bringen sie einen letztendlich kaum weiter, weil sie immer noch ein Objekt, eine Methode oder einen Fokus benötigen. Im erleuchteten Flow sind alle Vorstellungen und Unterscheidungen abwesend, man haftet nicht mehr an Denken jeglicher Art.

Ich hoffe mit meiner kurzen Ausführung ein wenig Licht in das Wirrnis „Meditation“ gebracht zu haben und hoffe ich kann Ihnen mit meinen zahlreichen Büchern zum Thema weiterhelfen auf Ihrem Weg.

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