Den klassischen Weg in Zen-Klöstern bietet das Zazen, das „Einfach-nur-Sitzen“. Absichtslos, ohne Ziel und ohne Erwartungen, sitzt der Übende in einer Position, die sich über Jahrtausende bewährt hat. Deshalb kann man sagen, es gibt keine bessere. Allerdings üben kann man in jeder Körperstellung. Auch ein Menschen mit Rückenleiden als Handicap kann genauso seine Erleuchtung finden.
Die richtige Sitzhaltung macht es jedoch leichter. Warum? Man sitzt in einer stabilen Position, in der man wie ein stabiler Stuhl mindestens an drei Punkten Bodenkontakt hat. Die Stellungen sind die bekannten, wie Lotossitz voll und halb, burmesischer Sitz, Seiza und zur Not auch auf einem Stuhl aufrecht ohne anzulehnen. Prinzipiell ist aber jede Körperhaltung möglich, in der man nicht so leicht einzuschlafen droht. Die Asanas im Yoga drücken ursprünglich auch die Suche nach einer optimalen Körperhaltung für die Übung aus.
Mit dem Körper zeigt man dem Geist, wohin die Reise geht. Zumindest anfangs meditiert man mit dem Körper. Stabil, bewegungslos, aufrecht und mit offenen Augen zu sitzen sagt dem Geist: Sei ruhig und doch wach!
Lasse alles locker, außer einer geringen Anspannung im unteren Rücken. Und der Geist? Es gibt natürlich keine Trennung zwischen Körper und Geist. Der Verständigung wegen spricht man aber davon. Der Geist erhält keine spezielle Aufgabe, im Gegensatz zu Visualisierungen und der Konzentrationsübung bei üblicher „Meditation“. Er soll einfach nur sein, „Da-sein“!
Wenn man träumt, also die Gedanken wie im Schlaf vagabundieren, dann ruft man sich lediglich zu einer allgemeinen inneren Haltung der Wachheit für das Jetzt auf. Vergleichbar wäre die Katze vor dem Mauseloch, ein Tiger vor dem Sprung oder als wenn dein Haupt in Flammen stünde. Das Sitzen in Zazen – man nennt es auch „einfach nur Sitzen“ – ist also keinesfalls träumerische Ruhe, sondern außerordentliche Wachheit im Jetzt. Träumendes Zazen wäre „totes Zazen“.
Wach und ruhig
Wir sind Wachheit meist nur gewohnt in Verbindung mit zielgerichteter, körperlicher Aktivität. In Zazen gilt es, diese Wachheit mit körperlicher Totalruhe zu verbinden. Dies ist ungewohnt und bedarf beständiger Übung, auch nach Erleuchtungserlebnissen. Wir üben also, alles mit normalerweise offenen Augen (und Ohren, Fühlen) bewusst wahrzunehmen, was im Augenblick geschieht.
Denken an Vergangenheit, Zukunft oder abstrakte Inhalte, die nicht mit diesem Moment zu tun haben, geschieht unweigerlich. Sobald wir wieder zu diesem aktuellen Moment zurückgekehrt sind, wird uns diese momentane Wachheit bewusst und wir freuen uns darüber. Aber man darf Gedanken nicht einfach wegschieben oder etikettieren, wie man als Anleitung so oft liest oder hört: Man tut einfach gar nichts mit dem Denken, selbst ein Beobachten wäre schon ein zielgerichtetes Tun. Es ist gar nicht möglich, allzu lange ohne Traumgedanken zu sitzen. Deshalb sagte Buddha ja auch: „Kehre immer wieder in diesen Augenblick zurück!“ und nicht: „Bleibe im Jetzt!“. Durch die bewusste Wertschätzung der wachen Momente und die Übung werden diese von sich aus immer länger und intensiver werden.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem langen Kinofilm und sind ganz gebannt von der spannenden Handlung. Bei Filmende stehen Sie auf und kehren in die normale Realität zurück und merken jetzt erst, dass Ihr Rücken schmerzt oder vom Sitzen ein Bein eingeschlafen ist. Während des Films hatten Sie einfach nicht darauf geachtet.
So ähnlich übt man Zazen: Man ist derart wach im Jetzt, dass man Körper und Geist schlicht vergisst, egal was diese tun. Das geschieht bei entsprechender geübter Wachhaltung im Zazen ganz von selbst.
Mehr gibt es nicht zu tun oder zu sagen. Und je länger und öfter, desto besser. Längere Perioden sind kürzeren vorzuziehen, weil Körper und Geist oft recht lange brauchen, bis sich die Wogen des Wassers, die Gedanken, glätten. Alles geschieht wie von selbst, unbewusst und natürlich. Es bedarf nur der Hingabe und Zuversicht. Und v. a. man muss es tun!
enO